Ein aktiver Mensch sollte 2-3 Liter Wasser am Tag trinken. Keine Cola, keinen Kaffee oder Fruchtsaft. Einfach schönes, klares Wasser. Für mich ist das zweitweise eine Herausforderung, aber ich gebe mir große Mühe das umzusetzen. Mit Strichlisten, Erinnerungsapps und einer großen Flasche, die auf meinem Schreibtisch thront. Ich trinke vor allem Leitungswasser. Warum? Weil wir im 5. Stock ohne Aufzug wohnen vielleicht, oder weil ich gehört habe, dass jede gekaufte Flasche Wasser 10 Liter für ihre Produktion benötigt.
Es gibt so viel Spannendes über unser Wasser zu erfahren, zum Beispiel, dass die regionale Gesteinsart durch die das Wasser fließt seinen Geschmack ausmacht oder die Unterscheidung zwischen Quell- und Tafelwasser. Letzteres ist nämlich einfach mit Kohlensäure versetztes Leitungswasser. Mich hat die Frage beschäftigt: Kann ich unser Leitungswasser täglich trinken – ohne gesundheitliche Risiken?
Ist Leitungswasser gesund?
Leitungswasser steht immer wieder aus verschiedensten Quellen in der Kritik. Nitrat, Medikamentenrückstände, Hormone, Uran, Kolibakterien und vieles mehr testet unser Wasserwerk und beschränkt den Gehalt auf ein Minimum. Fakt ist, dass die Leitungswasserqualität in Deutschland einen hohen Stellenwert hat. Die Trinkwasserverordnung garantiert uns eine sehr hohe Trinkwasserqualität. Unser Leitungswasser ist sogar besser kontrolliert als abgefülltes Mineralwasser, so das Umweltministerium.
In Zusammenhang mit der Trinkwasserqualität ist der Nitratgehalt immer wieder Thema. Dieses wird vom Körper in Nitrosamine umgewandelt, die im Verdacht stehen krebserregend zu sein. Daher gilt für Nitrat ein Grenzwert von 50mg/l in unserem Trinkwasser. Laut Umweltministerium ist dieser Grenzwert nur aus Gesundheitsbedenken für Säuglinge so niedrig angesetzt. Denn Blattgemüse kann bis zu 4000mg Nitrat pro kg Gemüse enthalten. Fragezeichen. Soweit ich erfahren konnte wird vermutet, dass Nitrat aus natürlichen Pflanzenquellen anders vom Körper aufgenommen wird, als überschüssiges, in Wasser gelöstes Nitrat.
Aber woher kommt das „überschüssige“ Nitrat in unserem Grundwasser? In der konventionellen Landwirtschaft werden Düngemittel, Herbizide und Pestizide für einen besseren Ertrag der Ernte eingesetzt. Das bedeutet auch einen Zusatz von Nitraten für Böden entweder in Form von Gülle oder Kunstdünger. Der Einsatz von Nitraten am Feld ist allerdings begrenzt, wird aber gerne von den Bauern ausgereitzt, weil sie nicht wissen wohin mit ihrer Gülle. Nur 10% der deutschen Anbauflächen werden biologisch bewirtschaftet und verzichten daher auf diese Art der Düngung und Behandlung. Alle anderen Abfälle der landwirtschaftlichen Industrie wandern ungehindert in unsere Flüsse und in unser Grundwasser. Das ist nur einer der Grenzwerte, denen ich nachgegangen bin und die mir zeigen, dass das grundlegende Problem nicht unser Grundwasser ist, sondern vor allem unsere gewinnorientierte Art mit der Natur zu wirtschaften.
Das Wasserwerk versichert eine hohe Trinkwasserqualität bis zu unserem Hausanschluss. Wer in einem alten Gebäude mit Blei oder Kupferleitungen wohnt und Verunreinigungen befürchtet, kann das eigene Leitungswassers im Labor prüfen lassen, mit Kindern ist dies meist sogar kostenlos. Verunreinigungen können meist durch einen Wasserfilter (Aktivkohle) entfernt werden.
Verordnung in den Kinderschuhen
Unsere Grundwasserverordnung dient dem Schutz des Grundwassers vor Verschmutzungen und Verschlechterungen. Im europäischen Kontext nimmt sich die REACH-Verordnung solcher Themen an. Sie steckt allerdings zum einen noch in den Kinderschuhen, und beruht bisher mehr auf einer Selbsteinschätzung der Chemie-Industrie.
Es gibt inzwischen über 3000 Industriechemikalien auf dem Markt, die meisten dieser Stoffe werden im Labor nicht geprüft. Trotz Behandlung mit Ozon im Wasserwerk bleiben in unserem Leitungswasser Rückstände. Für viele der bekannten möglichen Rückstande wie Nitrat Hormone, Uran, Kolibakterien, Medikamentenrückstände gelten gnadenlose Richtwerte, die eine negative Gesundheitsbeeinträchtigung ausschließen.
Verblüffend ist allerdings wie viele nicht reglementierte „Abfälle“ in unserem Wasser gelangen. Ob bei Düngemitteln (Piadin) oder Beschichtungen, die (z.B. Fluor in Outdoorjacken) durch das Waschen in unsere Abwasser gelangen. Auch wenn wir als Verbraucher noch nicht ganz den Durchblick haben, haben wir doch die Macht und für natürliche Lebensmittel und einer Umwelt mit möglichst wenig High-Tech zu entscheiden.
Wie stelle ich meine Trinkwasserqualität sicher?
Als Verbraucher gibt es zwei recht einfache Umsetzungsmöglichkeiten, um unsere Trinkwasserqualität zu wahren. Eine kurzfristige und eine langfristige, aber deutlich nachhaltigere. Wer befürchtet Stoffe einzunehmen, die unser Wasserwerk noch nicht filtert oder alte Rohrleitungen im Haus hat kann einen Wasserfilter mit Aktivkohle installieren. Dieser filtert einen sehr hohen Prozenanteil der Giftstoffe aus dem Wasser und sichert eine hohe Trinkwasserqualität (regelmäßig wechseln!).
Die langrfristige und nachhaltige Lösung liegt für uns darin Lebensmittel aus der biologischen Landwirtschaft zu bevorzugen. Hier werden keine künstlichen Düngemittlel und Gülle, sondern stattdessen Mist das Feld düngt, schließt sich der natürliche Kreislauf. Nitrate werden langsamer an den Boden abgegeben und künstliche Zusatzstoffe erst gar nicht in den Kreislauf der Natur gebracht. Und damit auch nicht in unser Grundwasser.
Ich muss mir ehrlich immer wieder vor Augen führen, dass unser Umgang mit trinkbarem, reinen Wasser viel zu selbstverständlich ist. In einer Welt in der Millionen Menschen weltweit keinen gesicherten Zugang zu Trinkwasser haben (WHO), wird es bei uns für einen komfortablen Lebensstil verunreinigt. Als Verbraucher hast du die Wahl. Wer gewohnt ist Saft und Limonaden zu trinken, für den ist es zunächst eine Umstellung. Wer Verunreinigungen befürchtet kann sich einen Wasserfilter anschaffen, wer gerne Kohlensäure trinkt ein Soda-Gerät. Vermeide Verpackungsmüll, weiteren Verbrauch von Ressourcen und Umweltverschmutzungen durch die Produktion von überflüssigen Getränken. Greife gleich zum Glas und spaziere einfach zum nächsten Wasserhahn. Ganz kostenlos und bei dir zuhause. Prost!
2 Kommentare zu „Recht auf gutes Wasser“
Ich interessiere mich seit kurzem für Klärtechnik. Was ich nicht wusste war, dass viele nicht reglementierte ,,Abfälle” in unser Abwasser gelangen und es somit Verschmutzen können. Ich denke, ich werde mich mit einem Fachmann in Verbindung setzten, um mehr über das Thema zu erfahren.
Ich hab mir vor Kurzem eine Trinkwasseraufbereitung einbauen lassen. Ich trink gern Leitungswasser und halte diesen Schritt für richtig. Trotz der starken Kontrollen fühle ich mich dadurch wohler. Über das Nitrat habe ich mir jedoch keine Gedanken gemacht.